Ein Abend mit Thilo Sarrazin und Felicitas Tesch

Kurz vor Beendigung seiner Amtszeit als Berliner Finanzsenator besuchte Thilo Sarrazin am 17. März seine „Heimatabteilung“, die SPD Neu-Westend. Sarrazin hielt vor knapp 50 Zuhörerinnen und Zuhörern aus der SPD Neu-Westend und zahlreichen Gästen aus den Nachbarabteilungen einen bildhaften und aufschlussreichen Vortrag über die Ursachen der internationalen Finanzkrise und die zu erwartenden Folgen für den Berliner Landeshaushalt.

Es wurde deutlich, dass die Finanzkrise bei weitem nicht so überraschend kam wie mitunter dargestellt wird. Vielmehr gab es schon seit 2005 zahlreiche Warner vor den Entwicklungen auf den internationalen Finanzmärkten. Da die Geschäfte allerdings zunächst auch weiterhin gut liefen, blieben sie ungehört.

In Berlin werde die notwendige Bekämpfung der Krise auf der einen Seite wie in allen anderen Ländern und Kommunen auch dazu führen, dass im Rahmen des Konjunkturpaketes II aber auch durch die eigenen Konjunktur unterstützenden Maßnahmen zusätzliches Geld bereitgestellt werde. Da auf der anderen Seite mit weniger Steuereinnahmen gerechnet werden müsse, sei in den kommenden Jahren keine ausgeglichene Haushaltsbilanz zu erwarten., so Sarrazin.

IMG_3425Um auch in Zukunft den Haushalt wieder zu konsolidieren, wird Berlin in den einzelnen Bereichen keine zusätzlichen Ausgaben tätigen können – auch nicht bei Bildungs- und Sozialausgaben. In diesem Zusammenhang seien auch seine umstrittenen Äußerungen des Tages zu verstehen.

In der anschließenden lebendigen Diskussion wurde die Forderung nach Steuerung der Banken, in denen der Staat sich mit Steuergeldern finanziell engagiere, besonders hervorgehoben. Thilo Sarrazin stimmte dem zu. Der Staat dürfe nicht nur Geld geben, er müsse im Rahmen seines Engagements auch Verantwortung übernehmen.

Natürlich setzten sich die Genossinnen und Genossen auch mit Thilo Sarrazins umstrittenen Äußerungen zu Hartz IV-Empfängern, dem Zustand der Kitas und Schulen sowie den renitenten Eltern auseinander.

Schon zu Beginn des Abteilungsabends, bei dem Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, über die Inhalte des Ethik-Unterrichts referierte und die Abteilungsmitglieder inhaltlich auf die kommende Auseinandersetzungen zur Pro-Reli-Volksabstimmung am 26. April informierte, waren Sarrazins Äußerungen von Felicitas Tesch kommentiert worden.

IMG_3441Sie wies die Sarrazins Äußerungen entschieden zurück und stellte klar, dass es selbstverständlich Sinn sozialdemokratischer Bildungspolitik sei, jedes einzelne Kind entsprechend seiner Fähigkeiten zu fördern, ganz gleich aus welchem Haushalt es komme. Die Einführung der Regionalschule, das kostenfreie Kitajahr und viele weitere Maßnahmen aus dem Hause des Bildungssenators Jürgen Zöllner dienten dazu, die Quote der Schulabschlüsse und Abiturienten zu erhöhen. Die Äußerungen Thilo Sarrazins seien in dieser Frage weder zweckdienlich, noch beschrieben sie die bereits zu beobachtenden positiven Entwicklungen im Bildungsbereich.

Thilo Sarrazin stellte am Schluss des Abends erklärend fest, dass man in der Mediengesellschaft bildhaft und überspitzt formulieren müsse, um wahrgenommen zu werden. Dass Thilo Sarrazin nicht nur ein erfolgreicher Berliner Finanzsenator war, sondern auch in der Kunst des Überspitzens ein wahrer Meister ist, darin waren sich zum Ende der Versammlung alle Anwesenden einig.

Wir wünschen Thilo Sarrazin viel Erfolg bei seinen zukünftigen Aufgaben bei seinem neuen Arbeitgeber, der Bundesbank.