Drei Schritte auf dem Weg zur Guten Arbeit
Der Landesparteitag möge beschließen:
Die sozialdemokratischen Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden aufgefordert, sich auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass folgende Änderungen in die momentan auf dem Weg befindliche Novellierung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums einfließen:
- Eine zeitliche Befristung der Wochenarbeitszeit für das Instrument Mehraufwandsentschädigungen (Ein-Euro-Jobs) einzuführen (maximal 15 Stunden pro Woche) und eine Ausweitung der begleitenden Qualifizierung in diesem Instrument vorzunehmen.
- Der Vorrang der Ausbildung vor kurzfristigen Eingliederungsbemühungen für junge Menschen unter 25 muss sowohl im Sozialgesetzbuch (SGB) III als auch im SGB II präzisiert werden. Hierzu dient eine Einschränkung analog zur Formulierung im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (Priorität liegt in der Vermittlung in Ausbildung) oder ein genereller Ausschluss von jugendlichen Menschen unter 25 aus dem Instrument der Arbeitsgelegenheiten soweit diese nicht mit Abschlussqualifizierungen verknüpft sind.
- Zur Unterstützung jugendlicher Auszubildender aus Bedarfsgemeinschaften ist ein Ausbildungsbonus in Form eines Freibetrags für die Einkünfte während der Ausbildung zu prüfen.
Begründung:
1.
Die Auswirkungen des massenhaften Einsatzes von so genannten 1-Euro-Jobs auf den Arbeitsmarkt zeigen sich im großen Ausmaße in Verdrängungseffekten für reguläre Beschäftigung. Dies bestätigen sowohl die Berichte des Ombudsrates, des Forschungsinstituts der Bundesagentur IAB und die Untersuchungen der Gewerkschaften. Daher wurde der Einsatz des Instrumentes bereits in den letzten zwei Jahren spürbar zurückgenommen.
2.
Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt jedoch noch immer 28 Stunden pro Woche, bewirkt dadurch ein staatlich finanziertes Lohndumping und führt noch immer zur Verdrängung von regulärer Beschäftigung. Auch führt diese Ausweitung von extrem prekärer Beschäftigung zu einem weiter steigenden Frauenanteil in diesem Segment und einer weiteren Verdrängung von Frauen aus den regulären Beschäftigungsverhältnissen. Am Ausmaß der Wochenarbeitszeit im Rahmen der 1-Euro-Jobs ist zudem zu kritisieren, dass diese nicht sozialversicherungspflichtig sind und damit Beitragszeiten verloren gehen. Die Qualifizierung für einen Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern findet an dieser Stelle ebenfalls nicht mehr statt.
3.
Die aktuellste Studie des IAB zur Entwicklung der Jugendlichen am Arbeitsmarkt kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die so genannten 1-Euro-Jobs für Jugendlichen keinerlei Integrationseffekte zeigen. Im Gegenteil, durch die momentane Besserstellung im Arbeitslosengeld-II-Bezug mit Mehraufwandsentschädigungen wenden sich viele Jugendliche von einer Ausbildung ab und verpassen so perspektivisch wichtige Entwicklungschancen. Da die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland im Gegensatz zu den übrigen EU-Staaten zwischen 2000 und 2005 drastisch gestiegen ist, ist die langfristige Auswirkung der ausbleibenden Qualifizierung von Jugendlichen nicht hinnehmbar.
4.
Das Problem ist seit Jahren hinlänglich bekannt: Jugendliche in Bedarfsge-meinschaften, die eine Ausbildung beginnen, sind per Gesetz sowohl von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II als auch vom Wohngeld ausge-schlossen. Bei einer Beschäftigung in tariflich gebundener Ausbildung im dua-len Bereich ist dies noch akzeptabel, in den vielen Bereichen der Über-gangsausbildungen (Berufsvorbereitungsmaßnah-men/Einstiegsqualifizierungen o.ä.) jedoch nicht, hier kommt es in der Regel zu realen Einkommensverlusten in den Familien. Dies ist ein Hintergrund da-für, warum manche Jugendliche keine Ausbildung antreten, in vielen Fällen wird aber auch diese finanzielle Schlechterstellung in den Familien aufgefan-gen. Da auch Auszugsregelungen für unter 25-Jährige durch den Gesetzge-ber verschärft wurden, findet an dieser Stelle das Gegenteil von Fördern und Fordern statt. Wer sich als Jugendlicher in Ausbildung begibt, tut dies zum Schaden der familiären Bedarfsgemeinschaft. Es ist daher zu prüfen ob und in welchen Fällen ein Bonus für Ausbildung, ähnlich zum Freibetrag bei tem-porärer Beschäftigung als Anreiz für die Qualifizierung dienen kann. Von die-ser Schlechterstellung sind überdies junge Frauen überproportional betroffen, da sie sich, laut der neuesten Studie des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vermehrt in vollschulischen und daher zum großen Teil schlechter vergüteten Ausbildungen befinden.
Verabschiedet auf der KDV vom 5.9.2008, Antrag der SPD Neu-Westend und SPD City-Westend